ÜBER DIE PHARMAKOLOGISCHEN UNTERSUCHUNGEN DER AMINOSULFONSÄUREN II. MITTEILUNG

Nach Untersuchungen über die Beeinflussung von 3-Aminopropansulfonsäure (Homotaurin, HT) auf die Zirkulation kam man zu folgenden Ergebnissen. Als Versuchstiere wurden Hund, Ratte, Katze und Rana catesbiana verwandt.<BR>1) Durch die intravenöse Dauerinfusion von HT war die ausgeprägte Blutdrucksenkung von Bradykardie begleitet. Nach dem Atemstillstande kam Arrhythmie zum Auftreten.<BR>2) Bei rascher Wiederholung einer intravenösen grossen HT-Gabe—also 10 mg/kg HT in Abständen von 30 Minuten wiederholt in jiziert—trat am Hunde die veränderte Blutdruckreaktion. Somit wies HT Tachyphylaxie auf. Es machte sich aber auch Tachyphylaxie bei der Gabe von 1 mg/kg HT an der Ratte bemerkbar.<BR>3) Nach der intravenösen Vorbehandlung von HT wurde eine durch Adrenalin oder Noradrenalin ausgelöste Blutdrucksteigerung am Hunde in geringem Ausmasse vorübergehend verstärkt. Aber an der Ratte unterlag die Wirkung von beiden Aminen keinerlei Beeinflussung. Bei der Vorbehandlung mit Atropin oder Diphenhydramin wurde die durch HT ausgelöste Blutdrucksenkung in geringem Grade abgeschwächt. Die depressorische Wirkung von HT wurde durch die Vorbehandlung mit Tetraethylammoniumbromid oder Hexamethonium herabgesetzt.<BR>4) Die depressorische Wirkung von HT wurde nach der Durchschneidung beider Halsvagi des Hundes in geringem Ausmasse gehemmt.<BR>5) Der durch plötzliches Abklemmen der beiden Karotiden ausgelöste Karotissinusent-lastungsreflex less sick nach HT vorübergehend hemmen.<BR>6) Die Veränderung des Nickhautmyogramms durch elektrische präganglionäre Reizung war beim durch HT-haltige Lösung durchströmten oberen Halsganglion der Katze nicht bemerkbar.<BR>7) Bei der Rückenmarkdurchschneidung (C₂) an Hunden trat keine Reaktion des Blutdruckes auf HT ein.<BR>8) Bei der direkten Einspritzung in die Hirnhöhle der Ratte (nach der Nobleschen Methode) kamen die durch HT ausgelöste stärkere Blutdrucksenkung und ihre längere Wirkungsdauer in weitaus geringeren Mengen von HT im Vergleich zur intravenosen Injektion zur Beobachtung.<BR>9) Bei den Untersuchungen über die Mikrozirkulation an Ratten blieben durch HT Vasomotilität und Blutströmung der Kapillaren im Darmnetz und grossen Netz intakt. Auch Diapedese und gesteigerte Durchlässigkeit der Kapillaren waren in den entsprechenden Portioned nicht feststellbar.<BR>10) Auf die Ohrgefässe des Kaninchens und die Blutgefässe der Hinterextremitäten von Rana catesbiana wirkte HT bei der Applikation von Lösung geringer Konzentration nur in geringem Masse erweiternd, aber von höher konzentrierter Lösung merkwürdig verengernd. Die durch Adrenalin ausgelöste Kontraktion der Ohrgefässe des Kaninchens wurde durch HT in höher konzentrierter Lösung gewissermassen gehemmt, auch der rasche Wiederkehr des Gefässzustandes beobachtet. Das gleiche gait auch für andere ω-Aminosulfonsäuren, Taurin und 1-Amino-2-hydroxypropansulf onsäure.