Gedächtnis, Engramm, Ekphorie : Von Ewald Hering zu Richard Semon

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  • FUKUMOTO Keita
    Faculty of Languages and Cultures, Kyushu University : Professor

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  • 記憶、エングラム、エクフォリー : ヘーリングからゼーモンへ
  • キオク 、 エングラム 、 エクフォリー : ヘーリング カラ ゼーモン エ

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Die vorliegende Arbeit ist die Fortsetzung meiner Forschungsnotizen „Die Mneme in Materie ― Zur Forschung der Mneme-Theorie Richard Semons ―“ und meiner Anhandlung „Vorstudie für die ,Mneme‘-Forschung ― Das Leben von Richard Semon―“ und behandelt den im Jahr 1870 in Wien gehaltenen berühmten Vortrag Ewald Herings „Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der organisierten Materie“, der einen entscheidenden Einfluss auf die Mneme-Theorie Richard Semons ausübte, sowie Richard Semons Hauptwerk Die Mneme als erhaltendes Prinzip im Wechsel des organischen Geschehens (Wilhelm Engelmann, Leipzig 1904). Normalerweise versteht man unter dem Begriff „Gedächtnis“ die Fähigkeit, Vorstellungen oder Vorstellungsreihen absichtlich zu reproduzieren. Hering fragt sich aber, ob man nicht auch von „Gedächtnis“ sprechen könne, wenn Vorstellungen oder Vorstellungsreihen aus der Vergangenheit „unberufen“ ins Bewusstsein heraufsteigen und meint, dass der Begriff des Gedächtnisses „auf alle nicht gewollten Reproduktionen von Empfindungen, Vorstellungen, Gefühlen und Strebungen“ auszudehnen sei. Für Hering bedeutet Gedächtnis ein Grundvermögen, das „der Quell und zugleich das einende Band“ des ganzen Bewusstseinslebens darstelle. Nach Hering hätten auch Tiere, Insekten oder Pflanzen ein Gedächtnis, das „als Äußerung des Instinkts“ anzusehen sei. Somit sei jedes lebende organische Wesen ein Produkt des „unbewußten Gedächtnisses“, genauer gesagt, eine Reproduktion der vorigen Generation eines Organismus mit all seinen Instinkten. Die unter dem eindeutigen Einfluss der Ideen Herings stehende Mneme-Theorie Richard Semons ist nicht kompliziert, obwohl ihre Terminologien ziemlich sonderbar sind. Wenn ein Organismus einen Reiz empfindet, wird er in ihn „engraphiert“ (= eingegraben oder eingeschrieben). Diese engraphierten Reize nennt Semon das „Engramm“. „Mneme“ ist die ganze Summe der bisher in den Organismus engraphierten Engramme. Ein einmal gebildetes Engramm bleibt ewig im Organismus. Empfindet der Organismus wieder einen gleichen oder einen qualitativ und quantitativ ähnlichen Reiz, wird das im Organismus latent waltende Engramm „ekphoriert“ (= etwas Vergessenes wird wieder ins Bewusstsein gebracht). Dabei funktioniert der wiederholte Reiz als die „Ekphorie“, sozusagen als der Schlüssel, der die Mneme des Organismus entschlüsselt. Diese Entschlüsselung der Mneme (= Gedächtnisse im weitesten Sinne) nennt Semon „Reproduktion“. Wenn sich ein Organismus nach seinem Instinkt als den„Gedächtnissen der Leben bisheriger Generationen“ reproduziert, so sollte der Instinkt Engramm genannt werden. Und wenn sich der Instinkt vererbt, müsste die Mneme als die Summe der Gedächtnisse der Leben bisheriger Generationen, bzw. der Gedächtnisse einer „Gattung“ eines Organismus auch vererbt werden. Ob die Mneme vererbt werden könnte oder nicht, war zur Zeit Semons sehr umstritten. Diese Frage wird in den nächsten Abhandlungen behandelt.

Journal

  • 言語文化論究

    言語文化論究 48 17-34, 2022-03-17

    Faculty of Languages and Cultures, Kyushu University

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